„… die Fremdheit bleibt und die Einsamkeit und alles andere auch.“
Was ist Wahrheit? Was ist Wirklichkeit? Wie wurden wir, wer wir sind?
Ferdinand von Schirach beschreibt in seinem neuen Buch „Strafe“ zwölf Schicksale. Wie schon in den beiden Bänden „Verbrechen“ und „Schuld“ zeigt er, wie schwer es ist, einem Menschen gerecht zu werden und wie voreilig unsere Begriffe von „gut“ und „böse“ oft sind.
Ferdinand von Schirach verurteilt nie. In ruhiger, distanzierter Gelassenheit und zugleich voller Empathie erzählt er von Einsamkeit und Fremdheit, von dem Streben nach Glück und dem Scheitern. Seine Geschichten sind Erzählungen über uns selbst. Klappentext
„Finden Sie es anständig, sich über die Schwächen anderer zu erheben?“ S. 140
Dieser Satz aus Schirachs neuen Werk ist bei mir nachhaltig hängengeblieben. Ebenso wie >Verbrechen< und >Schuld< ist sein neues Buch ein herausragendes Beispiel dafür, dass Gut und Böse sehr nah beieinander liegen. Und das in jedem von uns beide Seiten schlummern.
Ich mag Schirachs kurze prägnante Sprache. Oftmals ist das Weglassen des Überflüssigen die wahre Kunst und diese beherrscht der Autor komplett.
Dieses Buch habe ich mit meinem Lebensgefährten zusammen im Urlaub gelesen. Er kannte nur die Verfilmungen der beiden Vorgänger und war nun ebenso vom Buch begeistert. Einer las dem anderen vor bzw erzählte zwischendrin von jeder Geschichte. Die Geschichten und Schicksale beschäftigten uns eine Weile und wurden meinerseits, mit ihm als Jurist, heiß diskutiert.
Mich nahm die Story „Subotnik“ so sehr mit, dass ich solch eine Wut auf das deutsche Rechtssystem bekam und das Buch im ersten Impuls auf den Boden warf. Unfassbar.
Aber auch die verbleibenden 11 Geschichten hinterlassen ihre Spuren.
Wer sich dafür interessiert, was hauptsächlich Einsamkeit mit einer Seele anstellen kann und welch schwerwiegende Folgen verzweifelte Handlungen haben, liegt mit diesem Buch richtig. Schirach verurteilt nicht. Er zeigt auf und schaut hinter Fassaden und gibt Einblicke in Dinge, die wir auf den ersten Blick nicht sehen.
5/5 Sterne
Ich danke Randomhouse Deutschland und dem Luchterhand Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplars. Dies hatte keinerlei Einfluss auf meine Meinung!